Beschaffung

Die zentrale Aufgabe der Beschaffung bestand im Geschäftsjahr 2016 darin, die Bedarfe und Fahrzeuganläufe abzusichern sowie an der Wettbewerbsfähigkeit der Produkte mitzuwirken. Darüber hinaus wurden Chancen in neuen Märkten ermittelt und die Zusammenarbeit mit Lieferanten im Rahmen der Initiative Volkswagen FAST (Future Automotive Supply Tracks) zukunftsweisend gestaltet.

Beschaffungspolitik und -strategie

Die Vision der Konzern-Beschaffung lautet „Together – best in customer value and cost“. Die Beschaffung leistet einen entscheidenden Beitrag zu Innovationen und optimalen Kostenstrukturen durch ihre aktive Rolle in der frühen Projektphase, Preisführerschaft bei neuen Technologien und marktadäquate Konzepte. Unsere Mission ist, dabei als weltweit leistungsfähigste und attraktivste Beschaffungsorganisation zu agieren.

Im Zuge der neuen Konzernstrategie wurde auch die Strategie der Konzern-Beschaffung entsprechend weiterentwickelt. Schwerpunkte bilden die Bereiche Digitalisierung, zukunftsfähige Strukturen in Prozessen und Organisation sowie die sich verändernde Lieferantenbasis. Das Thema Nachhaltigkeit nimmt in der neuen Strategie eine noch bedeutendere Rolle ein.

Mit zunehmender Digitalisierung ist in den nächsten Jahren ein stark wachsendes Beschaffungsvolumen digitaler Produkte und Dienstleistungen zu erwarten. Beispiele hierfür sind die Komponenten für autonom fahrende Fahrzeuge, Software oder auch Dienstleistungen, insbesondere im Bereich der neuen Mobilität. Dabei gilt es, die Entscheidungsparameter und Methoden zu überprüfen und weiterzuentwickeln, um auch in der digitalen Welt optimale Preise, Qualität und Datensicherheit gewährleisten zu können. Die Beschaffung wird die digitalen Entwicklungen auch nutzen, um ihre eigenen Prozesse und Strukturen weiter zu optimieren, etwa mittels Künstlicher Intelligenz oder Massendatenanalysen (Big Data).

Die Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten wird sich durch die Digitalisierung in den kommenden Jahren weiter verändern. Bei den traditionellen Lieferanten rechnen wir mit einer anhaltenden Konzentration der Unternehmen, die direkt an uns liefern. Lieferanten von vorgelagerten Materialien, die zum Beispiel Komponenten wie Prozessoren oder Software beisteuern, werden weiter an Bedeutung gewinnen. Dabei wird auch der Anteil der Lieferanten aus Asien, insbesondere China, deutlich zunehmen.

Die unter diesen Rahmenbedingungen in Abstimmung mit den Marken weiterentwickelte Strategie 2025 der Konzern-Beschaffung umfasst sechs Zieldimensionen:

  • Zugang zu Lieferanteninnovationen
  • Aktive Kostengestaltung
  • Zukunftsweisende Strukturen
  • Mensch, Kompetenz und Attraktivität
  • Supply-Chain-Exzellenz
  • Konzernweite Synergien

Jede dieser Zieldimensionen ist in ihren Inhalten genau beschrieben und mit konkreten Kennzahlen versehen. Die ersten Initiativen wurden bereits Ende 2016 erfolgreich gestartet.

Volkswagen FAST – Weiterentwicklung und Meilensteine

FAST ist die 2015 eingeführte zentrale Initiative der Konzern-Beschaffung, um den Volkswagen Konzern und sein Lieferantennetzwerk zukunftssicher weiterzuentwickeln. Ziel von FAST ist es, durch eine frühere und intensivere Lieferanteneinbindung die zentralen Themen Innovation und Globalisierung erfolgreich umzusetzen. Mit unseren wichtigsten Partnern arbeiten wir bei der FAST-Initiative noch besser und schneller zusammen, um globale Strategien sowie technologische Ausrichtungen noch enger aufeinander abzustimmen. Gemeinsames Ziel ist, begeisternde Technologien für unsere Kunden noch schneller verfügbar zu machen und weltweite Fahrzeugprojekte noch effektiver und effizienter zu realisieren.

Im Jahr 2016 wurden wesentliche Meilensteine erreicht: Mit 55 Lieferanten für 61 Kompetenzfelder wurden strategische Dialoge durchgeführt und gemeinsame Ziele abgestimmt. Auf der ersten Strategiekonferenz diskutierten diese ausgewählten Lieferanten mit Vorständen und Vertretern des Volkswagen Konzerns und seiner Marken über die wichtigsten Themen und Projekte der kommenden Jahre. Nach dem erfolgreichen Anlauf wird FAST nun um Lieferanten für weitere Produktgruppen, zum Beispiel Komponenten für die Fahrzeugvernetzung, erweitert. Wir haben in 2016 eine erste Überprüfung dieser strategischen Partnerschaften vorgenommen und verändern bei Bedarf kontinuierlich den Kreis der FAST-Lieferanten. So haben auch bisher nicht ausgewählte Lieferanten weiterhin die Möglichkeit, sich für die Initiative zu qualifizieren.

Um begeisternde Technologien noch schneller für unsere Kunden erlebbar zu machen, entwickeln wir kontinuierlich unsere Methoden zur Einbindung von Lieferanten in den Innovationsprozess weiter. Ein Beispiel sind die im Rahmen von FAST eingeführten „Innovation Days“. Hier haben wir einen mehrstufigen Prozess geschaffen, um innovative Ideen der Lieferanten frühzeitig zu erkennen, zu bewerten und in die Technologieplanungen des Konzerns zu überführen. Bereits 2015 wurden die „Innovation Days“ erstmalig erfolgreich genutzt, um Innovationen für Kompaktklassefahrzeuge im Dialog mit Lieferanten zu gestalten. 2016 entwickelten wir dieses Konzept konsequent weiter und identifizierten zusammen mit Lieferanten Innovationen für eine neue Generation von Elektrofahrzeugen auf Basis des Modularen Elektrifizierungsbaukastens (MEB). Systematisch unterstützen wir die kostengünstige Umsetzung neuer Technologien durch die Einbindung von Lieferanten in Konzeptwettbewerbe. Zukunftsweisende Themen diskutieren und konkretisieren wir mit Lieferanten im „Forum Innovation“.

Die Beschaffung hat auf die Einflüsse neuer Technologien reagiert und sich inhaltlich und organisatorisch weiterentwickelt: Zum Beispiel wurden erstmals feste Ansprechpartner definiert, die ihre Lieferanten in der Beschaffung entlang des gesamten Innovationsprozesses unterstützen. Es wurde eine enge Zusammenarbeit zur Baureihe Elektromobilität etabliert und zusätzliche Kompetenzen in neuen Produktgruppen in den Bereichen Elektroantrieb, Autonomes Fahren, neue Anzeige- und Bedienkonzepte sowie Fahrzeugvernetzung geschaffen.

Prozesse und Verfahrensweisen der Beschaffung

Die Basis unseres Handelns in der Beschaffung bilden die konzernweit standardisierten Beschaffungsprozesse und -systeme. Auf diesem Fundament konnten die Systeme im Berichtsjahr in Richtung eines weltumspannenden und digitalen Netzwerks aller Arbeitsprozesse der Beschaffung mit den Lieferanten weiterentwickelt werden. Auch die Prozesse im Variantenmanagement haben wir weiter optimiert: Wir wollen hier ein kostenoptimales Produktdesign unterstützen und den Wirtschaftlichkeitsgedanken dauerhaft in unseren Fahrzeugprojekten verankern. Weitgehend abschließen konnten wir im Berichtsjahr eine Überarbeitung des Produktentstehungsprozesses, insbesondere der „frühen Phase“: Künftig sollen die Konzeptentwicklung und die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung parallel laufen.

Digitalisierung der Versorgung

Wir streben eine komplett digitale Lieferkette an. Maßgeblichen Anteil an ihrer Entwicklung haben unsere Partner selbst: Über das Prozessoptimierungsprogramm „Supplier Interaction Management“ haben wir 2016 über alle Marken und Regionen des Volkswagen Konzerns ergänzende Rückmeldungen von unseren Zulieferern zu Effizienz- und Digitalisierungspotenzialen aufgenommen. Anschließend haben wir Ideen und Ansätze generiert, wie wir unsere Berührungspunkte in der Zusammenarbeit noch weiter optimieren und digitalisieren können, zum Beispiel durch die Nutzung von Künstlicher Intelligenz zur Unterstützung in Engpasssituationen bei der Versorgung mit Kaufteilen und Rohmaterialien. Mit der Konzern-Business-Plattform haben wir 2016 einen wichtigen Meilenstein in der Optimierung und Digitalisierung der Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten erreicht. Auf Basis neuester technischer Entwicklungen ist der Volkswagen Konzern künftig in der Lage, die innovativsten technologischen Trends im Rahmen mobiler und internetbasierter Zusammenarbeit zeitnah und kostengünstig zu nutzen. Mit der Zusammenführung von internen und externen Partnern auf einer digitalen Plattform haben wir die Voraussetzung dafür geschaffen, dass der Austausch aller Beteiligten zukünftig in Echtzeit stattfindet.

Versorgungssituation bei Kaufteilen und Vormaterialien

Auch im Jahr 2016 nahm die Bedeutung einer systematischen Kaufteilverfolgung zur Vermeidung von Engpässen zu. Naturkatastrophen, wie zum Beispiel Erdbeben und Hochwasser, beeinflussten die Verfügbarkeit von Vormaterialien. Dem wurde durch umfassende Gegenmaßnahmen durch das Konzern-Bedarfsmanagement begegnet. Auch im Berichtsjahr konnten wir mit einzelnen Ausnahmen umfassendere Ausfälle in der Fahrzeugproduktion vermeiden.

Kaufteile- und Lieferantenmanagement

Im Volkswagen Konzern bildet das Kaufteilemanagement den technisch orientierten Bereich innerhalb der Beschaffung, der mit einem weltweiten Netzwerk aus Werkzeug- und Industrialisierungsexperten die Verfügbarkeit von Kaufteilen absichert. Die Experten des Kaufteilemanagements begleiten in neuen Fahrzeug- und Aggregateprojekten vor Start der Serienproduktion präventiv ausgewählte Kaufteilumfänge im Werkzeugerstellungsprozess und unterstützen reaktiv bei Kaufteilproblemen im Rahmen der Serienversorgung. Durch eine weltweite Vernetzung des Kaufteilemanagements erfolgt bei globalen Projekten standortübergreifend ein Austausch von Erfahrungen und Wissen, wodurch die Effizienz von Anläufen gesteigert wird. Im Kaufteilemanagementprozess arbeiten die Experten bereichsübergreifend eng mit den verantwortlichen Mitarbeitern aus den Qualitätssicherungen in den Werken zusammen und führen zu einzelnen Meilensteinen im Produktentstehungsprozess Leistungstests bei den Lieferanten durch, um die erforderlichen Lieferantenkapazitäten für die Fahrzeuganläufe qualitätsgerecht sicherzustellen.

Nachhaltigkeit in den Lieferantenbeziehungen

Die Wahrnehmung und Umsetzung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten bildeten im Jahr 2016 den Schwerpunkt unserer Aktivitäten im Themenfeld Nachhaltigkeit in den Lieferantenbeziehungen.

In diesem Zusammenhang haben wir im Jahr 2016 die „Anforderungen des Volkswagen Konzerns zur Nachhaltigkeit in den Beziehungen zu Geschäftspartnern (Code of Conduct für Geschäftspartner)“ um einen Passus zur Sorgfaltspflicht bei der Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikoländern ergänzt und die Volkswagen Leitlinie zu Konfliktrohstoffen entsprechend überarbeitet. Hierüber wurden unsere Lieferanten mit geeigneten Kommunikationsformaten in Kenntnis gesetzt.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr haben wir weiterhin sowohl unsere eigenen als auch externe Mitarbeiter von Lieferanten zum Themenkomplex Nachhaltigkeit in den Lieferantenbeziehungen qualifiziert. Dies erfolgte sowohl mit Hilfe eines online-basierten Qualifizierungsangebots als auch in Präsenzqualifizierungen. Unser online-basiertes Qualifizierungsangebot haben zum Ende des Berichtsjahres rund 25.000 Standorte von Lieferanten durchlaufen. Des Weiteren wurden im Rahmen der Präsenzqualifizierungen im abgelaufenen Geschäftsjahr mehr als 900 Mitarbeiter aus dem Bereich Beschaffung und rund 1.300 Mitarbeiter von mehr als 800 Lieferanten qualifiziert. Die Präsenzqualifizierungen der Lieferanten erfolgten in der Regel in Kooperation mit anderen Automobilherstellern und fokussierten sich auf Lieferanten mit Sitz in der Tschechischen Republik, China und Südafrika sowie Lieferanten aus dem Bereich Logistik.

Im Zuge der kontinuierlichen Anwendung der im Konzept etablierten Prozesse wurden im Geschäftsjahr 2016 insgesamt 45 Lieferanten in Bezug auf Nachhaltigkeit durch einen externen Dienstleister auditiert. In 19 dieser Fälle wurde auf Basis der Auditergebnisse umgehend ein strukturierter Prozess zur Tiefenanalyse durchgeführt. In der Konsequenz vereinbarten wir gemeinsam mit den betroffenen Lieferanten Maßnahmenpläne zur Verbesserung der Nachhaltigkeits-Performance.

Wir achten weltweit auf die Einhaltung von Mindeststandards im Bereich Nachhaltigkeit vor allem hinsichtlich der Menschenrechte, des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, des Umweltschutzes und der Korruptionsbekämpfung. Zudem verfolgen wir die Nachhaltigkeitsperformance der Lieferanten. Infolge der dadurch entstehenden langfristigen Lieferantenbeziehungen profitieren alle beteiligten Partner: der Konzern und seine Zulieferer. Wir stellen eine gleichbleibende Qualität der bezogenen Waren und Dienstleistungen sicher und vermeiden Lieferausfälle und Reputationsrisiken.

Struktur der wichtigsten Beschaffungsmärkte

Über die Beschaffungseinheiten in unseren Märkten und acht weltweit verteilte Regionalbüros bauen wir lokale Lieferanten in Nähe unserer Produktionsstandorte so auf, dass sie unseren hohen Qualitätsansprüchen genügen. Eine erfolgreiche Qualifizierung bietet den Lieferanten gleichzeitig die Chance, ihre Produkte über die lokalen Märkte hinaus auch an andere Konzernstandorte zu liefern. Diese Aufgabe wird in wichtigen Regionen durch die Fachbereiche Qualitätssicherung, Technische Entwicklung und Logistik unterstützt. Sie sind in dem von der Beschaffung geleiteten Projekthaus organisiert. Dieses Konzept trägt wesentlich dazu bei, die globalen Bedarfe des Unternehmens abzusichern und ein wettbewerbsfähiges Einkaufspreisniveau zu erreichen. Ein Beispiel für die Erschließung neuer Beschaffungsmärkte ist das im Berichtsjahr eröffnete Regionalbüro in Bangkok. Ziel ist, das Lieferantenportfolio in der Region weiter auszubauen und den Warenfluss aus den ASEAN-Staaten zu erhöhen.

Neben den neuen Wachstumsmärkten ist die Beschaffung auch in bekannten und etablierten Märkten wie Japan, Südkorea oder Israel vertreten. Auf diese Weise wird der Zugang zu den neuesten Innovationen und Technologien der Zukunft stets gewährleistet.

Beschaffungsvolumen der Volkswagen Konzern-Beschaffung

Die Beschaffung kauft Produktionsmaterial, Dienstleistungen und Sachinvestitionen ein. Im Jahr 2016 betrugen der Wareneingang beziehungsweise das Bestellvolumen 166,5 Mrd. €. Diese Zahlen enthalten die Werte für die chinesischen Gemeinschaftsunternehmen.

VOLUMEN DER KONZERN-BESCHAFFUNG
in Prozent
Volumen der Konzern-Beschaffung (Kreisdiagramm)