Dieselthematik
Wir haben die Aufklärung der Unregelmäßigkeiten bei Emissionen vorangetrieben und effektive technische Lösungen für die betroffenen Fahrzeuge bereitgestellt. In den USA wurden umfangreiche Vereinbarungen getroffen.
UNREGELMÄSSIGKEITEN BEI EMISSIONEN
Am 18. September 2015 informierte die US-amerikanische Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency (EPA) in einer „Notice of Violation“ die Öffentlichkeit, dass bei Abgastests an bestimmten Fahrzeugen mit Dieselmotoren des Volkswagen Konzerns Unregelmäßigkeiten bei Stickoxid (NOx)-Emissionen festgestellt wurden. Volkswagen räumte in diesem Zusammenhang Unregelmäßigkeiten ein. In seiner Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 informierte der Volkswagen Konzern darüber, dass in weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen mit bestimmten Dieselmotoren auffällige Abweichungen zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt wurden.
Am 2. November 2015 gab die EPA ebenfalls in Form einer „Notice of Violation“ bekannt, dass auch bei der Software von Fahrzeugen mit Dieselmotoren vom Typ V6 TDI mit 3,0 l Hubraum Unregelmäßigkeiten aufgedeckt worden seien. Audi bestätigte, dass mindestens drei Auxiliary Emission Control Devices (AECDs) im Rahmen der US-Zulassungsdokumentation von Fahrzeugen mit Sechszylinder-Dieselmotor vom Typ V6 TDI mit 3,0 l Hubraum nicht offengelegt worden waren.
UMFANGREICHE UNTERSUCHUNGEN DURCH VOLKSWAGEN
Volkswagen treibt die Aufklärung mit Hochdruck voran. Hierzu hat das Unternehmen neben internen auch externe Untersuchungen beauftragt. Die externe Untersuchung erfolgt unter Einbeziehung von externen Rechtsanwälten in Deutschland und den USA. Um die Untersuchungen im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung zu unterstützen, hatte der Konzernvorstand 2015 ein zeitlich begrenztes Kooperationsprogramm für alle Tarifmitarbeiter etabliert.
Der Aufsichtsrat der Volkswagen AG hat einen Sonderausschuss gebildet, der sämtliche Vorgänge im Zusammenhang mit der Dieselthematik für den Aufsichtsrat koordiniert. Weitere Informationen zum Sonderausschuss Dieselmotoren finden Sie im Bericht des Aufsichtsrats. Die Volkswagen AG hat die US-amerikanische Anwaltskanzlei Jones Day mit einer sogenannten „External Investigation“ beauftragt. Es handelt sich dabei um eine unabhängige und umfangreiche Untersuchung zur Dieselthematik. Jones Day informiert die Gesellschaft und das Department of Justice (DOJ) laufend über die aktuellen Ergebnisse der Untersuchung und unterstützt die Volkswagen AG bei der Kooperation mit den Justizbehörden. Die Vorgehensweise bei der Aufklärung wurde maßgeblich durch die Ermittlungsbehörden bestimmt.
Zudem erstattete die Volkswagen AG im September 2015 Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Braunschweig, die darüber hinaus eigenständig ermittelt, unter anderem wegen des Verdachts des Betrugs. In Wolfsburg und anderenorts fanden Durchsuchungen statt, an denen Sonderermittler des Landeskriminalamts beteiligt waren.
Wir arbeiten mit allen zuständigen Behörden zusammen, um die Sachverhalte vollumfänglich und transparent aufzuklären.
Die Untersuchungen erfolgten in einem zweigeteilten Prozess: Die Konzern-Revision, für die Experten aus verschiedenen Konzernunternehmen zu einer Task Force zusammengezogen wurden, fokussierte sich im Auftrag von Aufsichtsrat und Vorstand auf die Prüfung relevanter Prozesse, auf Berichts- und Kontrollsysteme sowie die begleitende Infrastruktur. Besonderes Augenmerk richtete sie dabei auf die Prozesse der Softwareentwicklung für die Motorsteuerung. Ihre Erkenntnisse stellte die Konzern-Revision den externen Experten von Jones Day zur Verfügung. Die international renommierte Anwaltssozietät war in einem zweiten Handlungsstrang von der Volkswagen AG mit der vollständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Verantwortlichkeiten beauftragt worden. Jones Day wurde dabei operativ von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte unterstützt.
Die Sonderuntersuchung beinhaltete Befragungen von Mitarbeitern und Führungskräften, die von Jones Day als relevante Informationsträger im Zusammenhang mit der Dieselthematik identifiziert wurden. Überdies wertete Jones Day Dokumente und Daten (beispielsweise E-Mails) aus.
Auf die aus der Revisionsfeststellung resultierenden Maßnahmen gehen wir am Ende dieses Kapitels ein.
Als weitere unmittelbare Folge der Erkenntnisse aus den internen beziehungsweise externen Untersuchungen wurden Mitarbeiter aus betroffenen Bereichen freigestellt.
Auf Basis des bisher gesichteten Materials konnten der Ursprung der Dieselthematik wie auch ihre Entwicklung weitgehend nachvollzogen werden. Ausgangspunkt der Dieselthematik bei Volkswagen war rückblickend die strategische Entscheidung einer groß angelegten Dieseloffensive in den USA im Jahr 2005. Zu diesem Zweck sollte mit dem Motortyp EA 189 ein neues Diesel-Aggregat entwickelt werden, das leistungsstark ist und zugleich kosteneffizient produziert werden kann.
Die US-Grenzwerte für Schadstoffemissionen sind streng. Nach dem damals strengsten Standard in den USA durften nur 31 mg/km NOx emittiert werden – rund ein Sechstel der zu jener Zeit in Europa gültigen Euro-5-Norm. Bei der Konstruktion hochmoderner Dieselmotoren stehen Techniker und Ingenieure vor der Herausforderung, dass ein Zielkonflikt zwischen NOx-Reduktion und anderen Parametern besteht.
Um diesen Zielkonflikt im Rahmen der Zeit- und Kostenvorgaben für den EA 189 zufriedenstellend zu lösen, entschloss sich in der Folgezeit eine Gruppe von Personen auf Ebenen unterhalb des Konzern-Vorstands im Bereich Aggregate-Entwicklung dazu, die Motorsteuerungssoftware zu verändern. In der Motorsteuerung von Fahrzeugen mit Dieselmotoren des Typs EA 189 kam eine Software zum Einsatz, die den Fahrverlauf amtlicher Tests erkennt, ungeachtet dessen, ob das Fahrzeug sich auf dem Prüfstand oder auf der Straße befindet. Je nach erkanntem Fahrverlauf schaltet die Motorsteuerung zwischen zwei verschiedenen Modi um: Modus 1 mit optimalem NOx-Wert für den Prüfstandsbetrieb oder Modus 2 für optimale Feinstaubwerte im Straßenbetrieb.
Außerhalb der vorgenannten Gruppe von Personen hatte nach aktuellem Stand zumindest der damalige und jetzige Vorstand der Volkswagen AG zum damaligen Zeitpunkt keine Kenntnis von dem Einsatz einer unzulässigen „Defeat Device Software“ nach US-amerikanischem Recht.
In den Monaten nach der Veröffentlichung der International Council on Clean Transportation (ICCT)-Studie im Mai 2014 wurden die der ICCT-Studie zugrundeliegenden Prüfanordnungen intern durch Volkswagen wiederholt und die ungewöhnlich hohen NOx-Emissionen bestätigt. Dieses Ergebnis wurde der Umweltbehörde des US-Bundesstaates Kalifornien California Air Resources Board (CARB) mitgeteilt und gleichzeitig angeboten, im Rahmen einer ohnehin geplanten Servicemaßnahme in den USA eine Neukalibrierung der Dieselmotoren vom Typ EA 189 vorzunehmen. Diese Maßnahme wurde durch den Ausschuss für Produktsicherheit (APS), dem unter anderem Mitarbeiter der Bereiche Technische Entwicklung, Qualitätssicherung, Vertrieb, Produktion, Logistik, Beschaffung und Rechtswesen angehören, im Rahmen der im Konzern bestehenden Prozesse bewertet und beschlossen. Dem APS kommt im internen Kontrollsystem der Volkswagen AG somit eine zentrale Rolle zu. Es gibt derzeit keine Erkenntnisse, dass aus dem APS den für die Aufstellung des Jahres- und Konzernabschlusses 2014 verantwortlichen Personen eine unzulässige „Defeat Device Software“ nach US-amerikanischem Recht als Ursache der Auffälligkeiten berichtet wurde. Vielmehr war weiterhin die Erwartung dieses Personenkreises zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahres- und Konzernabschlusses, dass die Thematik im Rahmen einer Feldmaßnahme mit vergleichsweise geringem Aufwand zu beheben sei. Im Sommer 2015 wurde jedoch belastbar erkannt, dass Ursache für die Auffälligkeiten eine Software-Veränderung war, welche als sogenanntes „Defeat Device“ im Sinne des US-amerikanischen Umweltrechts zu qualifizieren war. Dies mündete in der Offenlegung des US „Defeat Device“ gegenüber der EPA und der CARB am 3. September 2015. Die in der Folge zu erwartenden Kosten für den Konzern (Rückrufkosten, Nachrüstungskosten und Strafzahlungen) bewegten sich nach damaliger Einschätzung der mit der Sache befassten Vorstandsmitglieder nicht in einem grundlegend anderen Umfang als in früheren Fällen, in die andere Fahrzeughersteller involviert waren und erschienen deshalb mit Blick auf die Geschäftstätigkeit des Konzerns insgesamt beherrschbar. Diese Beurteilung der Volkswagen AG fußte auf der Einschätzung einer in den USA für Zulassungsfragen einbezogenen Anwaltssozietät, wonach ähnlich gelagerte Fälle in der Vergangenheit mit den US-Behörden einvernehmlich gelöst werden konnten. Erst mit der aus Sicht von Volkswagen überraschenden Veröffentlichung einer „Notice of Violation“ durch die EPA am 18. September 2015 über den Sachverhalt und die möglichen finanziellen Auswirkungen stellte sich die Situation dann deutlich anders dar.
Audi hat zur Aufklärung eine interne Task-Force gegründet, Gremien mit den erforderlichen Ressourcen ausgestattet und in 2015 ein Kooperationsprogramm für Tarifmitarbeiter angeboten. Die Kanzlei Jones Day führte auch hier unabhängige und aufwendige Untersuchungen durch.
Die amtierenden Vorstandsmitglieder der AUDI AG haben wie bereits im Vorjahr erklärt, dass sie bis zur Information durch die EPA im November 2015 keine Kenntnisse von dem Einsatz einer unzulässigen „Defeat Device Software“ nach US-amerikanischen Recht in V6 3.0 l TDI-Motoren hatten.
Organisatorische und prozessuale Verbesserungspotenziale, die im Zusammenhang mit der Dieselthematik sichtbar wurden, gehen wir konsequent an.
Auch aus den bis zum Aufstellungszeitpunkt erfolgten Veröffentlichungen sowie aus den fortgeführten Untersuchungen und Befragungen zur Dieselthematik haben sich für den Konzernvorstand keine neuen belastbaren Erkenntnisse oder Einschätzungen hinsichtlich des zugrunde liegenden Sachverhalts und der Bewertung der damit verbundenen Risiken (zum Beispiel Anlegerklagen) ergeben.